Vortrag von Bernd Kemter (Gera): Das „Werther“-Motiv im Spiegel einiger in- und ausländischer Dichter
Goethes „Werther“ inspirierte gleich mehrere Dichter, sich mit dem Schicksal des jungen unglücklich Verliebten in eigenen Werken auseinanderzusetzen. Der Vortrag weist diesen Umstand an Beispielen von Hölderlin, Lenz, Stendhal, Mickiewicz und Lord Byron nach. Dabei zeigt sich, dass die Bewältigung dieses anspruchsvollen Themas durchaus unterschiedliche, ja motivisch abweichende Versionen zeitigte.
Während Friedrich Hölderlin in seinem lyrischen Briefroman „Hyperion“ im Figuren-Paar Hyperion und Diotima über liebes-schwärmerische Bezüge, noch dazu überlagert von Naturbegeisterung, nicht hinauskam, gelang es dem polnischen Dichter Adam Mickiewicz in seinem romantischen Drama „Dziady“ (Totenfeier; eigentlich Urahnen) in der Person des Gustaw dieses für das „Jahrhundert der Empfindsamkeit“ typische Sujet meisterhaft zu bedienen; ja fast wäre der Autor selbst in die Rolle eines Werthers gefallen.
Auf ebenso überzeugende Weise glückte es Lord Byron in seinem dramatischen Gedicht „Manfred“ (man denke auch an die berührende Schumann-Ouvertüre) den Werther-Typus eindringlich vorzuführen und Spuren des Werther-Motivs finden sich in Rainer Maria Rilkes „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“. – Stendhals „Rot und Schwarz“ bietet eine eigene, ja eigentümliche Werther-Variante. Es zeigt sich nämlich, dass tragische Verstrickungen wegen unerfüllter Liebe nicht nur unglücklichen Jünglingen eigen sind. Es gibt ebenso weibliche Pendants.
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Bernd Kemter, Journalist und langjähriger Redakteur bei einer Thüringer Tageszeitung, ist Vorsitzender der Goethe-Gesellschaften Erfurt und Gera.